Der Bereich um die Kanaren war schwierig. Viele Windlöcher und noch mehr Schiffsverkehr machten die Passage sehr anspruchsvoll. Und wir haben leider immer wieder falsche Entscheidungen getroffen. So waren andere Boote oft nur wenige Meilen umentfernt und hatten deutlich bessere Winde. Das war zeitweise ziemlich frustrierend.
Dann eines Nachts segelten wir mit vernünftigen Wind unter vollem Gross-Segel und mit Spinnaker. Wir sahen einige Blitze am Horizont und entschieden die Instrumente an der Mastspitze auszustecken, damit die Bordelektronik nicht beschädigt wird, falls wir getroffen werden. Ich war unter Deck und bereitete das Frühstück für die andere Wache zu, als ich an Deck gerufen wurde um bei einer Halse zu unterstützen. Es dauerte nur ein paar Sekunden bis ich die Rettungsweste angelegt hatte und an Deck stand. Die Pläne hatten sich dennoch bereits geändert und wir würden den Spinnaker bergen. Die Winde würden bald zu stark werden. Wir riefen weitere Leute an Deck um zu unterstützen, als uns die erste Böe der Gewitterzelle traf und auf die Seite legte. Wir lösten den Baumniederholer um die Kontrolle wieder zu erlangen, aber es reichte nicht. So wurden auch die Schoten für Gross und Spinnaker losgeworfen, damit sich das Boot wieder aufrichten konnte. Die Segel schlugen und so riss unser Spinnaker kurz bevor wir ihn bergen konnten.
Es war für uns die erste Begegnung mit einer solchen Gewitterzelle. Der Wind drehte und die Windgeschwindigkeit verdoppelte sich vermutlich. Da sich unsere Windinstrumente an der Mastspitze befinden und zu diesem Zeitpunkt ausgesteckt waren, können wir das nicht genau sagen. Es ist traurig das Segel so beschädigt zu sehen, aber unser Team hat den Schaden bereits evaluiert. Momentan arbeiten sie an einem Plan für die Reparatur. Glücklicherweise wurde niemand an Bord verletzt und nachdem der initiale Schock verflogen war, war auch die Stimmung ganz gut. Bis wir uns im nächsten Windloch wieder fanden und nur herum drifteten.
In den folgenden Tagen waren wir um einiges konservativer unterwegs um weitere Schäden zu vermeiden. Dennoch erreichten wir auch nachts immer wieder Geschwindigkeiten von über 10 Knoten. Es ist ein beflügelndes Gefühl wenn sich das Boot die Wellen hinab schiebt und ins Gleiten kommt. Auf der anderen Seite erfordert dies auch höchste Konzentration am Steuer. Denn wenn dabei etwas schief geht besteht die Gefahr in den Wind zu schiessen oder noch schlimmer eine Patenthalse zu fahren. In beiden Fällen besteht ein nicht unerhebliches Risiko die Segel zu beschädigen. Und das ist somit das Letzte, was wir wollen.
Heute kam dann die nächste unschöne Überraschung. Bei einem Routine-Check gegen Ende meiner Wache fiel mir auf, dass der Block an der Mastspitze für unser Spinnaker-Fall in einer merkwürdigen Position hing. Wir entschieden uns daher den Spinnaker herunterzunehmen, um die Situation in Ruhe beurteilen zu können. Beim Versuch das Segel am Fall herunterzulassen mussten wir jedoch feststellen, dass sich das Fall in dem beschädigten Block verklemmt hatte. So hingen wir zu dritt am unteren Ende vom Segel und probierten krampfhaft es zusammenzuhalten, damit der Wind es nicht wieder aus unseren Händen bliess. Parallel dazu bereitete sich unser First Mate Brian vor, in den Mast zu steigen um das Problem zu lösen. Es dauerte rund eine Stunde bis das Segel vollständig geborgen war und ich meine wohlverdiente Frei-Wache antreten konnte. Die schlechte Nachricht: nicht nur der Block auf der Backbord-Seite ist völlig zerstört sondern auch der auf der Steuerbord-Seite. Aber zumindest hat unser Code 3 Spinnaker bei der ganzen Prozedur keinen Schaden genommen. Somit können wir, sobald wir einen der Blöcke repariert haben, wieder mit Spinnaker weiter segeln. Bis dahin bleibt aber noch einiges an Arbeit. Dennoch segeln wir unbeirrt weiter und hoffen in den kommenden Tagen die Kap Verden zu passieren. Es bleibt sicher spannend.
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